Konzepte für Marken im Raum waren lange Zeit nur ein Feld für Spezialisten. Jetzt entdecken Werbeagenturen das Thema für sich. Positive und interaktive Erlebnisse schaffen einen echten Marken-Mehrwert.
Grey-Chairman Frank Dopheide hat ein Lieblingsthema: Architektur. Der Umzug seiner Agentur in die „Ideenbotschaft" im vergangenen Jahr mag dazu beigetragen haben. „Seit wir hier sind, ist die Zahl der Bewerbungen um 25 Prozent gestiegen", staunt Dopheide. Er ist überzeugt davon, dass der restaurierte Klinkerbau ganz wesentlich dabei geholfen hat, die Attraktivität der Düsseldorfer Agentur als Arbeitgeber zu steigern. Überhaupt sei die Wirkung gelungener Marken-Architektur gar nicht zu überschätzen. „Schauen Sie sich einmal die Zentralen vieler Großkonzerne an! Die meisten sind nichtssagende Zweckbauten, die keinerlei Wirkung für die Marke und die Mitarbeiter entfalten.“ Dopheide will nun helfen, das zu ändern. Er plant, das Feld „Marken-Architektur“ ins Leistungsportfolio von Grey aufzunehmen. Gar nicht so weit von Grey entfernt – im Düsseldorfer Stadtteil Bilk – befasst sich Stöhr mit genau demselben Thema.
Corporate Architecture gehört seit einiger Zeit zum Angebot der 30 Mitarbeiter um Jürgen Stöhr. Ermöglicht wird dies durch die Zusammenarbeit mir dem Architekturbüro Hülser-Stöhr, das der Gattin des Agenturchefs gehört. „Die Architektur ist ein wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Kommunikationsstrategie“, so Jürgen Stöhr, der überzeugt ist: „Dieses Spezialgebiet wird weiter an Bedeutung gewinnen.“ Gelungene Architektur kann auf eine Marke einzahlen. Bestes Beispiel: Google. Denkt man an das Internet-Unternehmen, landet man schnell in den Spielplatzbüros voller bunter Gummibälle und baumelnder Sessel. So hat es Google nicht nur in der virtuellen, sondern auch in der echten Welt geschafft, seinen Status als Marken-Vorreiter zu wahren. Denn viele Unternehmen ziehen mit aufwendigen 3-D-Inszenierungen nach. So kommt die Agentur Milla und Partner in den Genuss, zunehmend interaktivere Messestände zu bauen.
Für Kunden wie Mercedes-Benz oder e.on beispielsweise. Für den Energieriesen haben die Stuttgarter im vergangenen Jahr zur Hannover-Messe einen "Marktplatz der Meinungen" nach dem Vorbild der alten Griechen errichtet. Die gesamte Fläche war von Säulen umrahmt und diente als Diskussionsforum. Man debattierte über erneuerbare Energien, über Gaspreise und die Monopolstellung des Unternehmens.
Die e.on-Aktion steht zugleich für einen weiteren Trend: Die Marken-Architektur wird interaktiv, sie bezieht den Konsumenten ein. Die ,,Mitmach-Funktionen", die das Web seinen Nutzern bietet, verlagern sich in die Wirklichkeit. Man tauscht sich aus, statt bloßer Information geht es um echte Erlebnisse. „Die Architektur ist für Unternehmen eine Chance. Sie ermöglicht das sinnliche und ganzheitliche Markenerlebnis", sagt Sebastian Letz, Kreativdirektor von Milla und Partner. Ein solches Erlebnis sei viel intensiver als etwa das Lesen einer Printanzeige. Im Alltag werde man zugeschüttet mit Informationen, von denen wenig hängen bleibe. Ein durchlebtes Gefühl aber verleihe nachhaltig Eindruck. „Je mehr physische Interaktion stattfindet, desto stärker das Involvement“, so Letz. Nach diesem Credo richtet sich Milla und Partner auch bei der Arbeit an der Ausstellung für den Deutschen Pavillon auf der Expo 2010 in Shanghai. Das Projekt entsteht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie unter der Leitung der Koelnmesse International. Neben Milla und Partner sind zahlreiche andere Dienstleister beteiligt.
Sie alle arbeiten derzeit daran, den Pavillon für die erwarteten sieben Millionen Besucher zu einem „Erlebnis für alle Sinne“ zu machen. Unter dem Motto „Balancity“ werden verschiedene Atmosphären geschaffen. Geräusche, Gerüche, Temperaturen – mit sämtlichen Elementen wird gespielt. Eine LED-besetzte Kugel von drei Metern Durchmesser soll zudem als „Energiezentrale“ dienen. Das Besondere an ihr: eine Interaktionsschnittstelle“. Die Pavillon-Besucher können die Kugel gemeinsam in Schwingung versetzen. Involvement für die Marke Deutschland. Wenig spektakulär, aber genauso innovativ: Die Kölner Agentur People Interactive versucht die aktuelle Architektur-Entwicklung für ihre Kunden am PoS umzusetzen. So hat sie jüngst die multimediale Kommunikation für die Telekom erarbeitet. An einem ,,Multitouch-Desk", angebracht in der Ladentheke, können Kunde und Berater zeitgleich arbeiten. Nach und nach soll der Desk in allen Telekom-Shops zum Einsatz kommen. "Informationen, beispielsweise über Handys und Tarife, holen Kunde und Berater gemeinsam am Multitouch-Desk ein", erklärt Agenturchef Martin Esser. Das gewährleiste Transparenz und versetze den Kunden in die Position eines gleichrangigen Partners. Esser spricht gar von der „Demokratisierung des Beratungsprozesses“: „Informationen und Preisvergleiche hat der Kunde ohnehin vorher übers Netz eingeholt“, so Esser. Dementsprechend sei es wichtig, ihm auch den Beratungsprozess offen zu legen.
Und so glaubt der Werber, dass in Bälde sogar Social-Media-Komponenten am PoS genutzt werden. Das Netz wandert in den Raum? Esser: „Nein, es wandert nicht. Aber er wird so auch erlebbar.“ „Offline ist das neue Online“, meint sogar Cedric Ebener, Chef der Agentur CE+CO. Die Hamburger wurden in diesem Jahr seitens der CeBIT mit dem Projekt „Webciety“ betraut. Mit dem Ziel, Web-2.0-Unternehmen für die IT-Messe zu gewinnen, sollte Ebener mit seinem Team ein begehbares Internet bauen. Schließlich erhielt jeder Aussteller eine sechseckige Wabe. Alle Waben auf der Schaufläche grenzten aneinander, um die Verlinkung innerhalb des Netzes zu symbolisieren. Zudem war kein Flur vorgegeben; die Grenze zwischen Gang und Stand war also nicht vorhanden – genau wie es im Web keinen Unterschied zwischen User und Publisher gibt. Die „Webciety“ sei erst durch die Besucher zum Leben erweckt worden, die sich darin bewegten und interagierten. Wie im Netz eben. Ebener: „Viele Kunden würden für 3-D-Erlebnisse nie Geld in die Hand nehmen, wenn sie nicht erkannt hätten, welch enormes Kommunikationspotenzial sich daraus ergibt.“ Wenn nämlich die Kunden nach einem Raum-Erlebnis darüber im Netz diskutieren, dann schließe sich der Kreis. w&v, Ausgabe: 38
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